Gleichstellung im Wandel der Zeit: Vom Labor auf die Bühne

Forschungsverbünde der TU organisieren gemeinsame Gleichstellungsveranstaltung

05.11.2024

Wie verlief das Leben der drei herausragenden Forscherinnen Marie Curie, Lise Meitner und Hedy Lamarr in einer von Männern dominierten Welt Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts? Mit welchen ihnen offen entgegengebrachten Ablehnung und Anzweifelungen waren sie konfrontiert und wie schafften sie es, sich dagegen zu behaupten, sich durchzusetzen und erfolgreich zu sein? An Antworten versucht sich ein Theaterstück, das letzte Woche an der TU aufgeführt wurde.

Schauspielerin Anita Zieher als Marie Curie

Rund 100 Gäste folgten am 30. Oktober der Einladung der Forschungsverbünde Clean Circles, Transregio (TRR)150, Sonderforschungsbereich (SFB) 1548, TRR 270, SFB 1487 und TRR 361 in den Wilhelm-Köhler-Saal der TU Darmstadt, um die englischsprachige Aufführung des Theaterstücks „Curie_Meitner_Lamarr_indivisible“ des Portraitheaters Wien zu sehen. In dem gut 90-minütigen Stück verkörpert die Schauspielerin Anita Zieher unter Leitung der Regisseurin und Autorin Sandra Schüddekopf die drei Charaktere und stellt überzeugend ihren wissenschaftlichen Werdegang, ihre Gemeinsamkeiten aber auch ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten dar.

Unaufhaltsame Leidenschaft für Technik und Wissenschaft

Regisseurin und Autorin Sandra Schüddekopf (links) und Schauspielerin Anita Zieher
Regisseurin und Autorin Sandra Schüddekopf (links) und Schauspielerin Anita Zieher

Allen drei Wissenschaftlerinnen war der Ehrgeiz gemeinsam, Großes zu bewirken. Sie hatten, keine Scheu vor Innovationen und der technisch-naturwissenschaftlichen Welt, die Frauen zu dieser Zeit gewöhnlicherweise verschlossen blieb. Mit ihrer Leidenschaft für Technik und Wissenschaft setzten sie sich gegen die damaligen gesellschaftlichen Normen durch. Den drei Frauen gelang es, sich trotz der unverhohlen offen geäußerten Ablehnung in einer fast reinen Männerwelt zu beweisen und mit dieser Ablehnung umzugehen – eine zusätzliche Aufgabe „neben“ den rein wissenschaftlich komplexen Inhalten, den Familienverpflichtungen im Fall von Marie Curie und Hedy Lamarr und den politischen Geschehnissen in der Zeit um die beiden Weltkriege. Allen dreien gelang es, die herausragendsten Forscher ihrer Zeit von ihrer Kompetenz zu überzeugen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. So wurden sie zu Vorbildern für unzählige Wissenschaftlerinnen bis in die Gegenwart.

Jede dieser drei Persönlichkeiten lässt sich mit einer ihr eigenen Grundaussage in Kurzform beschreiben: Bei Marie Curie ist dies, sich von nichts und niemandem herunterziehen zu lassen, weder durch Personen noch durch Ereignisse. Lise Meitners Motivation war ihre Liebe zur Physik, die sie immer wieder antrieb. Hedy Lamarr sah es als selbstverständlich an, dass kreative Menschen immer wieder Unerwartetes hervorbringen – dies traf auch auf sie selbst zu: als Schauspielerin galt sie in der technischen Welt als Fachfremde, die dennoch mit ihrer Erfindung zur Begründerin der Verschlüsselungstechnik von heute wurde.

Podiumsdiskussion mit TU-Wissenschaftlerinnen

WIssenschaftlerinnen der TU Darmstadt und die Regisseurin Sandra Schüddekopf diskutierten über Gleichstellung im Wandel der Zeit.
WIssenschaftlerinnen der TU Darmstadt und die Regisseurin Sandra Schüddekopf diskutierten über Gleichstellung im Wandel der Zeit.

Offene Ablehnung von Frauen in Wissenschaft und Technik wie damals gibt es heute nicht mehr, aber sind wir wirklich schon am Ziel? Welche Schwierigkeiten von damals gibt es noch heute? Darüber diskutierten nach der Vorführung die Regisseurin des Stücks, Sandra Schüddekopf, die bereits emeritierte Biologieprofessorin Felicitas Pfeifer, die Materialwissenschaftsprofessorin Bai-Xiang Xu und die Maschinenbau-Doktorandin Antje Vahl unter der Moderation von Dr. Laura D‘Angelo vom Gleichstellungsteam des Fachbereichs Elektro- und Informationstechnik. Den drei TU-Angehörigen ist gemeinsam, dass sie in Natur- und Ingenieurwissenschaften unterwegs sind – allerdings auf unterschiedlichen Karrierestufen: von der frisch gebackenen Masterabsolventin über die junge Professorin bis hin zur bereits Emeritierten. Dadurch konnten die Sichtweisen aus verschiedenen Karriereebenen und verschiedenen zeitlichen Entwicklungen in die Diskussion mit einfließen.

Auch Fragen aus dem Kreis der Zuschauenden wurden mit einbezogen. Die Diskussion ergab, dass Netzwerke und persönliche Empfehlungen bzw. Mentoring immer noch äußerst wichtig sind. Auch das Gefühl der Wissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen, ihre Kompetenz vor dem Hintergrund der Maßnahmen gegen Frauenunterrepräsentanz besonders beweisen zu müssen und auf einem härteren Prüfstand zu stehen als ihre männlichen Kollegen, wurde benannt.

Aus dem Zuschauerkreis gab es großes Lob für die Wahl des Formats Und die drei Grundsätze von Marie Curie, Lise Meitner und Hedy Lamarr sind sicher heute genauso hilfreich wie damals.

Beteiligte Forschungsverbünde/cst/pb